Buchhandlung Neugebauer

Rezensionen

Der Choreograph
 

Manfred Fürst


„Wie soll das Ganze gedeutet werden?“

Limitierte Sonderausgabe zum 70. Geburtstag - Håkan Nessers erster Roman erstmals auf Deutsch. Der Choreograph erschien 1988. Nessers Debütroman, eine Liebesgeschichte in Form eines Thrillers.

David. 28 Jahre Junggeselle, zwei Jahre verheiratet und zehn geschieden. Kinderlos, mittleren Alters, physisch in guter Form, mit einem nicht wirklich unvorteilhaften Äußeren und einem akzeptablen finanziellen Status.

Maria. Es war Frühling, der Winter war vorüber und jetzt geschah es: D. sah in einem Geschäft für Damenbekleidung die schönste Frau der Welt, in einem roten Kleid aus dünnem Baumwollstoff – und es überkommt ihn eine eigenartige Erregung, das kann schon mal vorkommen.

Carlo und D.: Einfache Regeln. Nacht. Das Messer liegt zwischen beiden. Der erste der das Messer nimmt, kann den anderen töten.

Der Roman hat viele lose Fäden, Maria mit Carlo, Ds späteren schriftlichen Notizen und die Ereignisse rundum. Nessers Erzählstil ist eigenartig. Ein richtiges selbstvergessenes Lesen kommt nicht auf, weil der Leser nach Anker sucht und dauernd mit Neuem konfrontiert wird: Seltsame Abkürzungen, Kollegen, Tierversuche in Klinik, Militär und Putsch, …

Professor G, „wie soll das Ganze gedeutet werden?“ Am Ende wird sich der Leser die gleiche Frage stellen wie Professor G.

Maxie Bantleon


Der Choreograph

Dass Hakan Nessers Romandebüt "Der Choreograph" von 1988 (!) erst jetzt auf deutsch erscheint, ist verwunderlich, aber es ist natürlich ein schönes Schmankerl zum 70. Geburtstag des Autors, und entsprechend schick ist die limitierte Sonderausgabe auch gestaltet. Ein Schmankerl ist dieses Buch auch für versierte Nesser-Leser, denn schon hier finden sich jede Menge Motive, Personen und Örtlichkeiten, die man aus seinem späteren Werk kennt. Von Anfang an herrscht in diesem Roman eine düstere, eine beklemmende Stimmung, teilweise fühlte ich mich an so manchen Hitchcock-Film erinnert. Nebulös ist nicht nur das Wetter in diesem Buch, irritierend und unklar bleibt beispielsweise bis zum Schluss, in was für einem Institut der männliche Ich-Erzähler eigentlich arbeitet oder was es mit den des Nachts einsetzenden Militärtransporten auf sich hat. Gekonnt werden Wahn und Wirklichkeit vermischt und nach dem Lesen kann man noch lange grübeln, was tatsächlich geschehen ist.