Buchhandlung Neugebauer

Rezensionen

Gott der Barbaren
 

Andreas Besold




China, Mitte des 19. Jahrhunderts. Angeführt von einem christlichen Konvertiten, der sich für Gottes zweiten Sohn hält, errichten Rebellen in China einen Gottesstaat, der in verstörender Weise auf die Terrorbewegungen unserer Zeit vorausdeutet. Eine christliche Aufstandsbewegung überzieht das Kaiserreich mit Terror und Zerstörung. Ein junger deutscher Missionar, der bei der Modernisierung des riesigen Reiches helfen will, reist voller Idealismus nach Nanking, um sich ein Bild von der Rebellion zu machen. Dabei gerät er zwischen die Fronten eines Krieges, in dem er am Ende alles zu verlieren droht, was ihm wichtig ist.
Stephan Thome erzählt eine Vorgeschichte unserer krisengeschüttelten Gegenwart. Ein großer und weitblickender Roman über religiösen Fanatismus, über unsere Verführbarkeit und den Verlust an Orientierung in einer sich radikal verändernden Welt.

Florian Lechner


Gott der Barbaren

Ich muss gestehen, dass ich noch nie von der Taiping Rebellion gehört habe, die dem neuen Roman von Stephan Thome zugrunde liegt. Mitte des 19.Jahrhunderts kam es in China zu einer religiös motivierten Revolte, in deren Verlauf ca.30 Millionen Menschen ums Leben kamen. Stephan Thome erzählt die Geschehnisse aus verschiedenen Perspektiven: Lord Elgin, der als Gesandter der englischen Krone über die Handelsbeziehungen verhandeln sollte, beschreibt die Sichtweise der Kolonialmächte. Philipp Johann Neukamp, der in Deutschland nach der Niederschlagung der Revolution von 1848 keine Perspektive mehr sah, kam als Missionar nach China. Alonzo Potter versucht sein Glück in diesem Land, nachdem er als Sklavenhändler gescheitert war, doch leiten ihn noch andere, dunklere Motive. Dazu gesellen sich die Aufständischen und die Generäle der Hunan Armee, die ihre Sicht der Dinge ausbreiten. Stephan Thome beschreibt in diesem vielstimmigen und detailreichen Werk, welch fatale Folgen religiöse und kulturelle Missverständnisse haben können. Ein Buch, dessen Grundaussage man ohne Weiteres auf alle möglichen Konflikte umlegen kann und somit an keine bestimmte Zeit gebunden ist!