Buchhandlung Neugebauer

Rezensionen

Feuer im Elysium
 

Bellis-Perennis


Toller historischer Krimi

Autor Oliver Buslau nimmt uns in das Wien von 1824 mit. Es ist die Zeit der Restauration, die Zeit von Fürst Metternich, der mit seinem Polizeiapparat jegliche revolutionäre Strömung im Keim erstickt. Tausende Spitzel, Konfidenten genannt, tummeln sich in Wien. Kein Wunder, dass sich die Leute eher in ihr trautes Heim zurückziehen und Hausmusik pflegen. Doch es werden nicht nur kleine private Konzerte gegeben. Der große Ludwig van Beethoven schickt sich an, seine Neunte Symphonie aufzuführen. Gigantisch, groß und von der Zensur argwöhnisch beäugt. Hat er doch eine Ballade von Friedrich Schiller vertont. Jener Friedrich Schiller, der den Mächtigen der Zeit als Revoluzzer gilt.

In dieses Umfeld gerät nun der junge Schlossverwalter Sebastian Reiser, der nach dem Unfalltod seines Herren, dem Edlen von Sonnberg, und dem damit einhergehenden Verlust seiner Stellung, nun in Wien nach einer neuen Beschäftigung suche muss. Doch damit nicht genug, ist bei selbigem Unfall auf Reisers Vater gestorben und aus der möglichen Hochzeit mit Theresia von Sonnberg wird nun wohl nichts.
Sebastian gerät auf der Suche nach einer Anstellung beim Staat in eine Reihe von Intrigen. Das einzige, was in aufrecht hält, ist die Bekanntschaft mit dem Orchester, das die Neunte Beethovens im Kärntnertortheater aufführen soll. Der junge Mann ist ein begabter Geiger und erhält die Chance hier mitzuwirken. Gleichzeitig soll er die Musikanten und vor allem Beethoven nach verbotenen Machenschaften aushorchen. Denn die Aufführung der Symphonie ist sowohl bei den Behörden als auch bei den konservativen Musikliebhabern gleichermaßen umstritten, wenn auch aus anderen Gründen.

Die Musik ist aufwühlend, noch nie da gewesen - kann sie eine neue Revolution entfachen?

Meine Meinung:

Dieser fesselnde Krimi ist gerade rechtzeitig zum Beethoven-Jahr erschienen. Man ist sich ja nicht einig ob Beethoven wirklich vor 250 Jahren, also 1770 geboren wurde. Dass der Komponist zeitweise ein Faible für Napoleon Bonaparte hatte, ist bekannt.

Oliver Buslau gelingt es vortrefflich, Fakten und Fiktion zu einem fesselnden historischen Krimi zu verknüpfen. Wir begegnen historischen Personen Ludwig van Beethoven, seinem Neffen Karl van Beethoven, Franz Schubert, Fürst Lichnowksy, Kaiser Joseph II. oder Karl Follen. Auch der (echte) Versuch in Gedenken an den zum Tode verurteilten Carl Ludwig Sand, der seinerseits August Kotzebue ermordet hat, ist hier geschickt in die komplexe Handlung eingebaut.
Für den „Konzipienten Hänsel“ gibt es ebenfalls ein historisches Vorbild mit ähnlichem Namen, wie aus den Schriften von Beethovens Schüler Carl Czerny bekannt ist.

So wie Reiser nicht genau weiß, wer Freund, wer Feind ist, wird auch der Leser mehrfach an der Nase herumgeführt. Die Spannung hält bis zu den letzten Seiten. An manchen Stellen hatte ich schon den begründeten Verdacht, wer der wirkliche Feind des Sebastian Reiser ist. Das warum enthüllt sich erst später.
Wie lässt der Autor den Komponisten Franz Schubert auf S. 366 so treffend sagen: „Die Lösung eines Rätsels gebiert das nächste“.

Gemeinsam mit Sebastian Reiser gehen durch das Wien von 1824. Die Stadtmauer steht zu dieser Zeit noch, man kann die Mauer nur an bestimmten Stadttoren passieren. Das Stubentor gerät quasi zum Albtraum von Sebastian Reiser, der es mehrmals durchschreiten muss. Wir spazieren über den Josefsplatz, den Graben und treffen uns auf dem Schanzl beim Donaukanal. Alles Orte, die mir als Wienerin natürlich bestens vertraut sind, auch wenn nicht mehr alle in der Form von 1824 existieren.

Ein Besuch im Narrenturm, darf natürlich auch nicht fehlen. Hier im hölzernen Oktogon, das als Dachaufbau auf dem Backsteinbau thront, soll Kaiser Joseph II. seine Freimaurerbrüder getroffen haben. Die Drahtzieher eines möglichen Bombenattentates à la Guy Fawkes (Gun Powder Plot vom 05.11.1605) aus dem Narrenturm heraus agieren zu lassen, ist eine tolle Idee.

Sprachlich ist der Krimi sehr gut gelungen. Die bedrückende Atmosphäre, die Gefahr, immer und überall, belauscht zu werden, lässt sich ausgezeichnet nach vollziehen. Die Charaktere haben Ecken und Kanten. Manchen glaubt man sofort, dass sie die Drahtzieher eines Komplottes sind, andere agieren so hinterhältig, dass es eine Weile dauert, Freund von Feind zu unterscheiden.

Das im Emons-Verlag erschienene Buch besticht durch eine tolle und gediegene Aufmachung. Diesmal als Hardcover von einem matten schwarzen Schutzumschlag umhüllt, auf dem das Konterfei des großen Künstler erhaben und glänzend hervorgehoben wird.

Fazit:

Diesem historischen Krimi, der mich bis zum Schluss gefesselt hat, gebe ich gerne 5 Stern und eine Leseempfehlung.